Nebeneinkünfte von Journalisten – Kommentare

Nebenverdienste von öffentlich-rechtlich bestallten Journalisten waren das Hauptthema in der letzten ZAPP-Sendung (Film; Text-Manuskript), das – nachdem die BILD-Zeitung darin eine Vorlage für die Titelseite gefunden hatte – von vielen Medien aufgegriffen wurde.

Die Fragen: Sind Journalisten unabhängig, wenn sie von firmen und Verbänden für viele tausend Euro zu Small-Talk oder Vortrag gebucht werden? Verkaufen sie dabei tatsächlich nur ihre persönliche Leistung oder nicht wesentlich eine Marke, der sie überhaupt ihre Nachfrage verdanken?

Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur sueddeutsche.de, meint:
“Interessenkonflikte sind in dieser Gemengelage zwangsläufig – und das bei einer öffentlich-rechtlichen Vorzeigesendung wie den “Tagesthemen”, die in Kommentaren gern die Gier der anderen anprangert.”

Print-Kollege Hans Leyendecker verweist darauf, “Nebeneinkünfte sind keine Erfindung der neuen Gier-Zeit” und erinnert an Werner Höfer, “dessen ‘Internationaler Frühschoppen’ 34 Jahre lang zu sehen war, nebenher vermutlich mehr verdient hat, als ein Buhrow heute.” Laut Leyendecker war zumindest in einem Fall der eine Nebentätigkeit genehmigende Chef von derselben Agentur vermarktet wird, “wie die Journalistin, deren Genehmigung er unterschrieb.” Leyendecker verweist auf den Pressekodex und verlangt mehr Transparenz.

Jörg Meyer (Gruppe M) kommentiert im jonet:
“Das  „Mitnehmen was geht“ ist ja keine Moderationenspezialität. Aber die
Herren und Damen verdanken ihren aktuellen Marktwert allein ihrem aktuellen Job. Ich denke, der “normale” Marktwert z.B. für einen Ex USA
Korrespondenten liegt bei 2-3.000 p.T. Glauben wir Buhrow und Co ihre
geldresistente Unabhängigkeit, wäre es fair, wenn sie diese Summe behielten und der Rest an den Sender oder an Wohltätiges flösse. (Selbst die teuersten Fußballer müssen einen Teil ihrer Vermarktungsrechte abtreten, obwohl deren Marktwert mehr an individuelle Leistung gebunden ist, als bei austauschbaren Moderatoren.)

Bisher wird Offenheit vor allem von Politik und Wirtschaft gefordert. So will LobbyControl am “Tag der politischen Kommunikation” (25. Juni 2009) unter dem Motto “Wer? Wie viel? Für wen? – wer das nicht sagt, muss geh’n!” die Schaffung eines verpflichtenden Lobbyisten-Registers fordern. Dazu heißt es von der Organisation: “Mit Hilfe eines ‘Lobbyistenscanners’ werden wir zeigen, wie wirkliche Transparenz aussehen muss. Denn häufig – wie jüngst beim PR-Skandal der Bahn – ist für die Öffentlichkeit völlig undurchsichtig, wer hinter den Aktivitäten von PR-Agenturen, Think Tanks oder ehemaligen Politikern steckt und wie viel Geld dabei im Spiel ist. Wir setzen uns für ein aussagekräftiges, verpflichtendes Lobbyregister
ein, in dem sich neben Unternehmen und Verbänden auch Denkfabriken,
PR-Agenturen und Anwaltskanzleien, welche einer Lobbyarbeit nachgehen, registrieren müssen.”

Horst Müller, Professor für Redaktionspraxis im Fachbereich Medien an der Hochschule Mittweida, kritisiert in seinem Blog die Karriere des Nebeneinkünfte-Themas: “Nicht der vermeintliche Skandal um die Nebenverdienste von ohnehin gut bezahlten öffentlich-rechtlichen TV-Leuten sorgte für die breite anschließende Berichterstattung, sondern die Tatsache, dass sich das Leitmedium ‘Bild’ der Sache an exponierter Stelle – nämlich auf der Titelseite – angenommen hatte. Ein Paradebeispiel für den immer breiter um sich greifenden ‘Hurra-Journalismus’ in Deutschland.” Und er fragt nach welchen Kriterien diejenigen Journalisten ausgewählt worden sind, die mit ihren Nebeneinkünften in ZAPP vorgeführt wurden.

Klare Abstinenz bei den Moneten fordert Jörg Rinne, Neue Westfälische:
“Nebentätigkeiten nur für den guten Zweck. Gibt’s ein Honorar,
dann wird’s gespendet. Ausgeschlossen sein sollten grundsätzlich alle
Nebentätigkeiten, die der journalistischen Glaubwürdigkeit zuwider
laufen.”

Für Journalisten haben wir bei Spiegelkritik schon früher freiwillige Transparenz gefordert. Zumindest bei den derzeit diskutierten Promis würde sich eine Offenlegung der Nebentätigkeiten (wie auch Verbandelungen) in der Wikipedia anbieten. Alle anderen sollten – im Sinne der Selbstorganisation des Journalismus – in ihren Selbstdarstellungen darauf verweisen.

Im Tagesschau-Blog von ARD aktuell ist das Thema hingegen bisher nicht diskutiert worden.

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