Archiv für den Tag: 29. August 2007

Makabres Detail

Dass man bei der juristischen Exegese leicht einmal den Blick für die wichtigen Dinge, das Leben zum Beispiel, verlieren kann, beweist ein Detail im jüngsten Spiegel (35/2007). Im Beitrag „Mit aller Härte“ (S. 48f) wird hier zunächst über den Terror-Status der sogenannten „militanten gruppe“ spekuliert:

„Demnach wäre die „mg“ womöglich gar keine Terrorvereinigung. Die Linksextremisten haben dem Staat zwar wortgewaltig den Krieg erklärt und Polizeiautos, Arbeitsämter oder einen Lidl-Supermarkt angezündet. Sie haben aber darauf geachtet, keine Menschen zu verletzen. Sprengstoff oder Schusswaffen, wie einst bei der RAF, gehören nicht zum Repertoire.“

Und weiter:

„Was wie eine akademische Detailfrage wirkt, hat in der Praxis große Auswirkungen.“

Allerdings! Leben oder Tod!, möchte man den beiden Spiegel-Autoren da zurufen, doch der juristische Laie hat hier natürlich gar nicht das Wesentliche im Blick. Denn:

„Nur wenn es sich um eine terroristische Tat handelt, ist Generalbundesanwältin Monika Harms zuständig, und nur dann steht den Ermittlern jede Überwachungsmöglichkeit zur Verfügung.“

Auf den journalistischen Hund gekommen

Ein Gastbeitrag von Werner Loewe (vorwärts)

„Politjournalismus ähnelt immer mehr der Theaterkritik. Er notiert, wer wie auf- und abtritt, zeichnet die Dramen nach, wird schnell sehr persönlich. (…) Man darf auch mal launig schreiben, dass alle doof sind. Analyse dagegen ist Mangelware“, notierte im September 2005 Tom Schimmeck in einem Artikel in der „taz“, in dem er die Hauptstadtjournaille einer harschen Kritik unterzog.

Zu welcher bemerkenswerten Fertigkeit es bei „Spiegel Online“ die Großkritiker auf den Rängen des Polittheaters inzwischen gebracht haben, kann der Leser an der Berichterstattung über die Sommerreise Kurt Becks verfolgen. „König Kurt ganz klein“ stabreimen kühn die „Spiegel“-Schreiber in der Überschrift eines Artikels, in dem sie über einen Besuch des SPD-Chefs zusammen mit dem Hamburger SPD-Bürgermeisterkandidaten Michael Naumann auf der Werft Blohm + Voss in Hamburg berichten.
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Deutschland brennt nicht

Brandkatastrophen nicht nur in Griechenland, sondern auch in Deutschland? Laut Spiegel-Online wohl schon:

“Feuerherde: Auch in Deutschland haben Satelliten in den vergangenen 48 Stunden kleinere Brände registiert, wie diese Grafik des Web Fire Mapper der University of Maryland beweist.”

So heißt es in der Bilderstrecke zum Artikel “EU warnt vor Flutkatastrophe am Mittelmeer”.
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“Brandherde mitten im Ruhrgebiet, in München, Linz, Rotterdam und Turin? Haben da etwa die Medien gepennt und uns die katastrophalen Brände mitten im Herzen der europäischen Industriegebiete verschwiegen?” Fragt der Spiegelfechter und löst das Rätsel: “Ein Zoom auf die „Brandherde“ in Mitteleuropa widerlegt den „Beweis“ des SPIEGELS schnell – nicht etwa „Brände“, sondern „thermische Anomalien“ wurden hier mit dem Flammen-Symbol versehen. So „wütet“ das vermeintliche Feuer im Herzen Deutschlands mitten auf dem Werksgelände der Salzgitter Stahl AG. Bei allen anderen „Bränden“ in Mitteleuropa verhält es sich ähnlich.”

Oliver Gehrs schießt knapp vorbei

Oliver Gehrs, der schönste Medienjournalist Deutschlands (obwohl er jetzt mit dem Bart schon was von Mahmūd Ahmadī-Nežād (Mahmud Ahmadinedschad) hat, aber hübsch bleibt er natürlich), der irgendwo eine wöchentliche Video-Kolumne zum SPIEGEL einstellt, behauptet dort in der aktuellen Ausgabe vom Montag, der SPIEGEL Nr. 35/2007 sei alleine schon wegen des Werbefehldrucks auf den letzten Seiten (Nivea) kaufenswert, was leider kein Blattschuss war, da Beiersdorf diesen “umgekehrten Einstieg” gewünscht hatte, wie Sprecher Gunnar von der Geest auf Anfrage mitteilt.