Archiv für den Tag: 24. August 2006

Die Irrfahrt der Kofferbombe

Das Szenario um die nichtexplodierten Kofferbomben muss dramatisch gewesen sein – jedenfalls scheint der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe so gut informiert, eine fiktive „Augenzeugenschilderung“ zu geben. Tatsächlich aber bleiben zumindest um den Fund der Kofferbombe im Zug nach Hamm Unklarheiten.

In dem Artikel „Die Jagd auf Deutschlands Bahn-Bomber“ (Spiegel Nr. 34/06) schildern die Autoren das Szenario wie folgt:

„Auch potentielle Massenmörder achten auf Sauberkeit. Geradezu vorbildlich warf der junge Mann auf dem Kölner Hauptbahnhof seinen Abfall in den nach Wertstoffgruppen unterteilten Mülleimer – bevor er und sein Komplize ihre tödliche Fracht vom Bahnsteig in zwei Regionalzüge wuchteten.
Das war gegen Mittag, am Montag, dem 31. Juli. Um 14.40 Uhr sollten die beiden Regionalzüge ihr Ziel erreichen. Um 14.30 Uhr machte es klick. Niemand hörte es, und nichts geschah. Fast nichts. Außer dass Wecker in den Koffern schalteten, die Sprengsätze daneben aber nicht zündeten. In Sekundenbruchteilen hätten die Waggons sonst in Flamen gestanden. Zahlreiche Fahrgäste haben ihr Leben einem Konstruktionsfehler der Bomben zu verdanken.“

Nun lässt sich dieses Szenario recht einfach rekonstruieren aus den Angaben des Bundeskriminalamts (BKA), die auf der Pressekonferenz zum Thema gemacht wurden. Auch gab es dort die Video-Aufnahmen vom Kölner Hauptbahnhof zu sehen. Die Aussagen von BKA-Präsident Ziercke zum Tathergang sind zudem auf den Internetseiten des BKA abrufbar. Allerdings weist Ziercke dort auch auf den merkwürdigen Umstand hin, dass die Attentäter „eher schwach besetzte Züge“ auswählten und die „beabsichtigte(n) Explosionen und Brandausbrüche auf freier Strecke, jedenfalls nicht in den Endbahnhöfen Dortmund oder Koblenz“ geplant waren. Der Spiegel spekuliert:

„Dass die Brandsätze auf freier Strecke und nicht in einem Bahnhof gezündet wurden, kann heißen: Die Täter wollten größeren Schaden vermeiden – oder ganz im Gegenteil verhindern, dass Rettungskräfte schnell zu den Opfern gelangen könnten.“

In der Tat wäre aber zumindest die Kofferbombe im NRW-Express von Aachen nach Hamm laut Fahrplan ganz in der Nähe des Bahnhofs von Kamen explodiert. Dort hätte der Zug um 14.30 Uhr eintreffen sollen. Nur wo stand oder fuhr der Zug um 14.30 Uhr wirklich? Und wie wurde der Koffer mit der Bombe gefunden und gelangte dann in das Fundbüro im Dortmunder Hauptbahnhof?
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